Alles muss raus aus der City

Alles muss raus aus der City

Arzenheimer . Veröffentlicht in Gesellschaft 2437 Views Keine Kommentare

Ingolstädter Altstadt an chinesische Investoren verkauft.

„Dass ich das noch erleben muss. Unsere Familie wohnt seit dem 18. Jahrhundert hier in der Ludwigstraße und jetzt müssen wir den Chinesen weichen!“ Hannelore Herzog ist fassungslos. Sie steht vor ihrem Haus im Herzen der Ingolstädter Altstadt und vor ihr stapeln sich unzählige Teller, Tassen, Tischdecken, Möbel und Bilder. „Das kann ich ja alles gar nicht mitnehmen, wenn ich ins GVZ zwangsumgesiedelt werde,“ betont die Rentnerin. „Gut, dass mein Walter das nicht mehr mit erleben muss.“ Hannelore Herzog ist eine von Hunderten alteingesessener Schanzer, die gerade ihre Wohnung aufgelöst haben und nun versuchen, einen Teil der Einrichtung zu Geld zu machen. „Es ging auf einmal ganz schnell“, erinnert sich die Ingolstädterin, „Da stand ein Herr Wang oder Wong vor der Tür und hat erklärt, seine Firma hat die Ingolstädter Altstadt gekauft. Das sei in einem Vertrag zwischen Ingolstadt und Foshan so abgemacht gewesen. Weil das Kleingedruckte sehr klein und sehr chinesisch gedruckt war, hätten die Ingolstädter den Teil der Abmachung wohl übersehen.“ Nun müssen alle Innenstadtbewohner ihre Häuser verlassen und auch die örtlichen Geschäfte werden ins Güterverkehrszentrum umgesiedelt, wo ein Teil der Altstadt in einer der großen Hallen wieder aufgebaut wird. Allerdings aus Kunststoff, dafür wetterunabhängig, weil überdacht. Das Alte und Neue Rathaus ist ebenfalls von der Umsiedlung betroffen. Weil die GVZ-Erweiterung deshalb größer ausfallen wird, als bisher angenommen, wird die Gemeinde Gaimersheum um zwei Kilometer nach Westen verlegt (siehe: http://erna-magazin.com/?p=499)

innenstadtvoll

 

 

 

 

 

 

 

 

Ansturm auf die Innenstadt, weil die Bewohner sprichwörtlich ihr letztes Hemd verkaufen müssen. 

Fernostkitsch mitten in Bayern

Und was wird aus der Altstadt? Hier gibt es bereits konkrete Pläne aus Fernost. Laut Hannelore Herzog planen die Investoren die Errichtung eines künstlichen Wasserlaufs durch die Fußgängerzone, eine komplette Überdachung von Theresien- und Ludwigstraße, eine U-Bahn vom Neuen Schloss bis zum Münster und Tennisrasenplätze auf dem Rathausplatz. „So einen Kitsch braucht kein Mensch,“ schimpft die Rentnerin, deren Vorfahren eine Weinhandlung in der Theresienstraße betrieben hatten. Außerdem würden die bisherigen Boutiquen in der Innenstadt durch chinesische Schnellrestaurants und Geschäfte für Produkt-Kopien aus aller Welt ersetzt. Man könne sich also in Ingolstadt mit einem (gefälschten) Armani-Outfit zum Sonderpreis eindecken, dazu einen Yasmin-Tee am Bach schlürfen und trockenen Fußes mit der U-Bahn direkt in die Tiefgarage gelangen. „Den Service bietet nicht mal das Village. Das hat er gesagt. Der Chinese.“ Hannelore Herzog kann all diesen gspinnerten Ideen nichts abgewinnen. Aber sie hat – wie all die anderen – keine Wahl. Am August wird sie im GVZ wohnen. Mit künstlichem Sonnenauf- und Untergang, während chinesische Besucher in ihrer alten Wohnung in der Innenstadt eine Teezeremonie durchführen. Was für ein schrecklicher Gedanke.

 

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