Beachtliche bürgerliche Protestkultur

Beachtliche bürgerliche Protestkultur

Arzenheimer . Veröffentlicht in Gesellschaft, Politik 1679 Views Keine Kommentare

In der Region wurde bereits früher gegen den Größenwahn protestiert.

Der Bayer liebt vor allem eines, die Tradition. Denn was Tradition hat, ist gut. Weil es schon immer so war und damit hoffentlich auch immer so bleiben wird. Eine Forschungsgruppe des Lehrstuhls für Eingeborenenforschung der Alkoholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt hat nun die Protestkultur hierzulande unter die Lupe genommen. Und Erstaunliches zu Tage gefördert. Denn gegen die „Großkopferten“ hatte sich schon immer Widerstand geregt. Ob der Kini sein Neuschwanstein heute noch bauen könnte, ist fraglich. Das Ding hat die Landschaft ja ganz schön verschandelt. Und hat das Land nahezu in den Bankrott getrieben. Deswegen wurde damals bereits protestiert. Ohne Erfolg. Wie immer. Aus Tradition. Und das ist ja gut.

Die Forscher haben nun zwei Beispiele erfolglosen Bürgerprotests in der Region IngolStadtLandDings ausgegraben. Und das ist fast wortwörtlich zu nehmen. Ein Brief, der unter einem Stapel alter Akten im Neuen Schloss in Ingolstadt entdeckt wurde (was so ein Umbau für eine Landesausstellung alles zu Tage fördert), legt Zeugnis davon ab, dass in Ingolstadt große Bauwerke keinen so schnell beeindrucken.

“Verehrte Stadtväter,

als ein Bürger dieser wunderschönen Stadt, als jemand, der an diesem gesegneten Ort auch seinen Lebensabend verbringen möchte, kann und will ich nicht länger still halten. Denn wenn ich hinüber sehe, dort wo sich das Feldkirchener Tor befindet, dann packt mich das Grauen. Was dort entsteht, überragt alles davor da Gewesene. Ihr mögt es modern nennen. Ich nenne es eine Provokation.

Dieses Gebäude symbolisiert in seiner Wuchtigkeit die Überheblichkeit der herrschenden Klasse.

Reißt ihn nieder, diesen Klotz, den ihr auch noch Neues Schloss nennt. Das ist kein Schloss, es ist eine Beleidigung der Bürger! Als ob euch der Herzogskasten keine wunderbare Heimstatt gewesen ist. Der Herr wird diejenigen strafen, die sich für mehr halten, als sie eigentlich sind und stets nach Größerem streben. Der Turmbau zu Babel sei euch eine Warnung!

Verzeiht, nun ist der Gaul mit mir durch gegangen.

Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Diener
Michael Meier, Bürger von Ingolstadt, im Jahre des Herrn 1497″

Der Verfasser des Briefes wurde übrigens kurze Zeit später verhaftet, gehängt, gevierteilt, ausgeweidet, geköpft und verbrannt. Das Übliche eben.

Barockprotest

 

 

 

 

 

 

 

Der zweite Nachweis real existierender Protestkultur (ohne facebook und Online Petitionen) stammt aus Eichstätt. Hier hat man bei den Renovierungsarbeiten am heutigen Landratsamt, der ehemaligen bischöflichen Residenz unter dem Putz eine beeindruckende Botschaft entdeckt. Sie stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und beweist, wie traditionsbewusst die Eichstätter sind.

Damals befürchtete man übrigens zurecht, die Residenz, dieser wuchtige Baukörper, würde die Sichtachse zum Dom stören. Das tut sie bis heute. Auch hier war der Protest erfolglos. Alles wie immer also. Es gibt eben Dinge, auf die man sich verlassen kann.

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