Nur erträglich mit Alkohol

Nur erträglich mit Alkohol

Arzenheimer . Veröffentlicht in Gesellschaft, Kultur 1873 Views Keine Kommentare

Forscher untersuchen fatale Wechselwirkungen auf Vernissagen.

Die Wahrheit ist manchmal grausam, erschreckend, schlimm, einfach nur bäh. Das gilt vor allem für Wahrheiten, die – wie der Volksmund sagt – im Wein lägen. Na Prost. Der meiste Alkohol wird in Bayern nicht etwa auf Volksfesten oder Weihnachtsmärkten konsumiert, sondern im Kunstbetrieb. Dabei sind es nicht unbedingt die Künstler selbst (die auch, klar), die dem Alkohol zusprechen, sondern vor allem die Gäste bei Ausstellungseröffnungen oder neuerdings auch feucht-fröhlichen Ausstellungsbeendungsparties. „Haben Sie schon mal eine Vernissage oder Finissage ohne alkoholisches Getränkeangebot erlebt?“ fragt der Psychologe Prof. Dr. Walter Düsterblick von der Alkoholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Das Erna Magazin hat mit dem Experten über den Alkohol und die Kunst gesprochen.

Was genau haben Sie erforscht?

Im Auftrag der Kunstpädagogischen Fakultät haben wir den Alkoholkonsum im zeitgenössischen Kunstbetrieb untersucht. Dabei wurde schnell klar, dass es nicht die Künstler sind, die gerne Alkohol zu sich nehmen, sondern diejenigen, die sich eigentlich als Kunstkonsumenten erweisen sollen, in der Realität anstelle von Kunst aber lieber Alkohol konsumieren. Wir haben dazu Fragebogen an Gäste verschiedener Ausstellungseröffnungen in der Region IngolStadtLandDings verteilt und die anonymen Antworten ausgewertet.

Warum tun die Menschen das? Können sie sich den Alkohol nicht leisten?

Das ist nur ein Teilaspekt. Sicher gibt es auch in der Kunstszene Personen, die als sogenannte „Freibiergesichter“ lediglich darauf aus sind, bei einer Veranstaltung möglichst viel vom kostenlosen kulinarischen Angebot zu ergattern. Doch es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu, den man eigentlich eher aus dem weniger intellektuellen Umfeld kennt: das schön saufen. 67 Prozent der Teilnehmer an unserer Umfrage gaben an, den Alkohol zu sich zu nehmen, um die ausgestellte Kunst besser auf sich wirken zu lassen, die Hälfte davon gab offen zu, sich die Werke „schön zu saufen“. Einige meinten sogar, man könne Kunst nur mit Alkohol ertragen. Ein erschreckendes Ergebnis, finden Sie nicht?

Sollte man Alkohol bei Kunstveranstaltungen komplett verbieten?

Na ja. Wenn Sie künftig leere Galerien sehen wollen, dann können sie den Alkohol verbieten. Dazu ein einfaches Rechenbeispiel: Ziehen wir mal die Freibiergesichter und die Kunst-schön-Säufer von den Gästen einer durchschnittlichen Vernissage ab, dann bleiben meist nur der Galerist, der Künstler, der Laudator, ein paar Pressevertreter, der städtische Kunstreferent (unter Vorbehalt) und eine Handvoll ehrliche Bewunderer des Künstlers übrig. Das gäbe ein trauriges Bild ab. Vielmehr sollte man die durch den Alkohol verursachte „Beschwingtheit“ dafür nutzen, mehr Kunst zu verkaufen. Zum Beispiel, indem man den Kaufvertrag für Kunstwerke als Weinbestellung tarnt.

 

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